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Seit 1927 verbindet die Bahnlinie von Westerland über den Hindenburgdamm nach Niebüll die Insel mit dem Festland.
Sie ist der mit Abstand wichtigste Verkehrsweg für Sylt. Neben der Bahn ist der Personen-, Fahrzeug- und Gütertransport mit der Fähre über die dänischen Insel Rømø, über den Flughafen Sylt
und seltene Gütertransporte zum Hafen Hörnum, vergleichsweise gering.
Zwischen 1971 und 1974 fuhr ich täglich mit der Bahn zur Schule nach Niebüll. Damals war das noch die Deutsche
Bundesbahn oder Beamtenbahn, wie Kritiker meinten. Diese Bahn hatte aber einen Vorteil, sie fuhr immer und das pünktlich. Die Ausrede, die Bahn hatte Verspätung, hätte einem niemand geglaubt.
So kam es so gut wie nie vor, dass ich zu spät zur Schule kam. Fahrkarten verkaufte damals noch Manfred Degen und das ging mit den mechanischen Fahrkartenautomaten auch erstaunlich schnell.
Montags fuhr der Eilzug morgens um sieben noch mit Dampf bis Ende 1972. Die Nahverkehrzüge wurden noch von Dieselloks der Baureihe 212 gezogen und die Wagons hatten zum Teil den Krieg
überlebt. In denen gab es sogar Platz für mehrere Koffer, man hatte enorm viel Beinfreiheit und auch für ein lebendes Schwein wäre noch Platz gewesen, wenn man ein solches denn hätte
transportieren wollen und dürfen. Aber es gab schon damals Anzeichen dafür, dass Veränderungen anstanden. Gelegentlich liefen Schaffner mit Listen durch die Wagons, um die Auslastung des
Zuges zu dokumentieren und es gab Gerüchte, dass die Bahn Strecken still legen und Bahnhöfe schließen wolle, was dann auch bald geschah. Zwichen Klanxbüll und Husum wurden die Bahnhöfe
Emmelsbüll, Lindholm, Struckum und Hattstedt geschlossen und die Bahnlinien zwischen Lindholm und Flensburg und zwischen Husum und Rendsburg still gelegt.
In den Neunzigerjahren stand dann die Privatisierung der Bundes- bahn an und alles sollte besser werden. Aus der
Bundesbahn wurde die Deutsche Bahn und vieles wurde anders aber nicht besser. Zunächst hatten kluge Manager der Bahn die gute Idee den Westerländer Bahnhof abzureißen und dort ein Hochhaus
mit Ferienwohnungen zu bauen, in dessen Erdgeschoss Geschäfte und noch ein bisschen Bahnhof untergebracht werden sollten. Auf Sylt war man entsetzt und es schien zunächst, als könnte man
nichts dagegen tun, denn die Bahn brauchte als Behörde für solche Bauvorhaben auf ihrem Gelände keine Baugenehmigung. Irgendwie konnte dieses Vorhaben aber doch verhindert werden und der alte
Bahnhof steht noch heute. Doch viel Freude hatten die Bahnreisenden an der privatisieren Bahn nicht. Berichte in der Presse über Verspätungen und Pannen häuften sich. So setzte man große
Hoffnungen auf die Nord-Ostsee-Bahn die 2003 vom Land Schleswig-Holstein den Zuschlag für den Nahverkehr auf der Marschenbahn zwischen Hamburg und Westerland bekam.
Die NOB betrieb zu diesem Zeitpunkt bereits recht erfolgreich mit modernen Triebwagen die Nebenstrecken Husum - Kiel
und Husum - St.Peter-Ording. Doch die Euphorie für das zum französischen Connex Konzern gehörenden Unternehmen wäre vielleicht nicht so groß gewesen, wenn man z.B. die Erfahrungen gekannt
hätte, die man in Großbritannien mit Connex gemacht hatte. Mit der NOB kam man vom Regen in die Traufe. Verspätungen, überfüllte Züge, überfordertes Personal, Ausfälle von Lokomotiven, nicht
funktionierende Türen und Klimanalagen, die Berichte über Pannen nahmen kein Ende. Sylter Unternehmer beschwerten sich, dass ihre Mitarbeiter zu spät zur Arbeit kämen, Sylter Schüler kamen
nicht rechtzeitig zur Schule nach Niebüll. Das Land drohte, den Vertrag mit der NOB aufzuheben und die NOB versprach Besserung. Tatsächlich wurde es im Laufe des Jahres besser, doch wirklich
zufrieden waren die Bahnreisenden auch nach einem Jahr noch nicht, insbesondere die etwa 3000 Pendler, die täglich vom Festland nach Sylt zur Arbeit fahren müssen. Auch die Anwohner des NOB -
Betriebsgeländes in Husum waren nicht glücklich. Dort ließ man jeden Morgen ab vier Uhr die Motoren der Diesellokomotiven warm laufen. Besonders die Loks des Typs MAK DE 2700 sind recht laut
und waren anfangs störanfällig. Diese Lokomotiven wurden 1996 von der norwegische Staatsbahn übernommen, die die Lokomotiven aber 1999 an den Hersteller zurück gab, da sie sich als nicht
brauchbar erwiesen. Sie waren dann einige Jahre bei der luxemburgischen Staatsbahn als Güterzugloks im Einsatz, bevor die NOB sie übernahm. Die letzte Meldung kurz vor Weihnachten 2006: Die
NOB fordert vom Land einen Zuschuss von acht Millionen Euro.
Es gibt keine Straßenverbindung nach Sylt. Wer mit dem Auto nach Sylt möchte, ist auf den Bahntransport oder die
Autofähre über Dänemark angewiesen. Seit Jahrzehnten gibt es immer wieder die Forderung, die Bahnstrecke stillzulegen und eine Straße nach Sylt zu bauen. Doch eine solche mautpflchtige Straße
würde auf Sylt zum totalen Verkehrschaos führen. Daher ist der Autozug ein wichtiges Ventil, das den Straßenverkehr auf Sylt noch in Grenzen hält. Besonders an Feiertagen, wie Weihnachten
oder Ostern und an Wochenenden in der Hauptsaison kommt die Transportkapazität des Autozugs aber an ihre Grenzen und es kommt zu Wartezeiten. In Niebüll wurde der Verladeterminal vor einigen
Jahren ausgebaut, sodass es keinen Rückstau mehr auf die Bundesstraße 5 gibt. In Westerland wurde die Autoverladung ebenfalls umgebaut. Hier mangelt es aber an der nötigen Fläche und der
Umbau wirkt provisorisch. So kommt es in den Stoßzeiten immer noch zum Rückstau in das Westerländer Stadtgebiet. Die Züge wurden vor einigen Jahren erneuert, so dass die Fahrt für die
Reisenden etwas angenehmer wurde als auf den alten Wagons. Beschwerden gab es aber von Anwohnern der Bahnstrecke über die Lärmentwicklung der Lokomotiven. Die bis vor einigen Jahren in
Doppeltrakion eingesetzten Loks der Baureihe 215 erzeugten ein tiefes an- und abschwelendes Brummen, das bei den heute eingesetzten Loks der Baureihe 218 nicht auftritt.
Der Güterverkehr nach Sylt duch die Deutsche Bahn wurde schon vor etlichen Jahren engestellt, so dass man auf den
LKW-Transport mit dem Autozug und der Fähre angewiesen war. Seit einigen Jahren transportiert aber das in Niebüll ansässige Unternehmen CFL cargo Güter über die Schiene nach Sylt. Im neuen
Gewerbegebiet auf dem Flughafengelände in Tinnum nutzt man dafür den vorhandenen und erweiterten Gleisanschluss.
Ende des Jahres 2006 wurde bekannt, dass die Bahnstrecke nach Sylt zwischen Niebüll und Klanxbüll sowie Morsum und
Westerland doch zweigleisig ausgebaut werden soll. Diese Meldung erwies sich allerdings als falsch. Tatsächlich gab es nur Erneuerungen der Anlagen am Kreuzungsbahnof Lehnshallig zwischen
Niebüll und Klanxbüll. Schon seit vielen Jahren ist die Strecke oft an der Grenze ihrer Kapazität, was wohl auch oft Ursache für Verspätungen ist. So werden wieder Stimmen laut, die eine
Straßenverbindung nach Sylt fordern. Es bleibt zu hoffen, dass diesen Forderungen nicht nachgegeben wird.
Seit etlichen Jahren war eine Sanierung des Bahndamms zwischen Morsum und Keitum dringend erforderlich, da dieser auch
als Deich dient und die niedrig gelegenen Ortsteile von Sylt-Ost vor Hochwasser schützt. Dies geschah 2008.
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