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Eine Sylter Familie im 18. Jahrhundert

Zu unseren Sylter Vorfahren gehört der Keitumer Schneider Johann Caspar Schultz. Er wurde 1719 in Niebüll geboren und kam wohl um 1740 nach Sylt. Hier fand er als Schneider sicher ein gutes Auskommen, denn viele Sylter Seefahrer waren für die damaligen Verhältnisse relativ wohlhabend. Angesehen und beliebt waren diese Fremden auf Sylt jedoch nicht. Allerdings war man auf  Handwerker vom Festland angewiesen, denn kaum ein Sylter war bereit, ein Handwerk auszuüben. In Westerland lebte noch der alte Strandinspektor und  Walfangkommandeur Lorenz De Hahn. Er hatte bereits im Alter von 21 Jahren ein Walfangschiff geführt und ihm wollte jeder Sylter Junge nacheifern. So war es denn üblich, im Alter von etwa zwölf Jahren als Schiffsjunge zur See zu gehen. Vor Erreichen des 20. Lebensjahres hatte man das Steuermannspatent und war dann bestrebt, nach einigen Jahren als Steuermann ein Schiff als Kapitän zu führen. Die auf Sylt tätigen Handwerker, z.B. Zimmerleute, Dachdecker, Schneider oder Schuster kamen daher fast ausnahmslos vom Festland. Auch einzelne entflohene Leibeigene aus Jütland fanden auf Sylt Zuflucht. Zwar war die Aufnahme entlaufener Leibeigener gemäß königlichem Erlass verboten, doch Sylt war damals eine entlegene Gegend und nur schwer zu erreichen. Zudem war man auf die Obrigkeit ohnehin nicht gut zu sprechen. In den Jahren 1745 und 1754 versuchte der Sylter Rat vergeblich durch Eingaben eine Senkung der Steuern zu erreichen, denn man zahlte damals für Ländereien, die gar nicht mehr vorhanden waren, weil das Meer sie verschlungen hatte, oder die durch Sandflug der Wanderdünen unbrauchbar geworden waren. Kamen in Kriegszeiten Werber auf die Insel, um Seeleute für den Dienst in der königlichen Flotte zu pressen, kam es vor, dass die wehrfähigen Männer sich durch Flucht z.B. nach Holland deren Zugriff entzogen.

Heirat

Johann Caspar Schultz heiratete 1742 Christen Rickerts, die älteste Tochter des Keitumer Fährmanns und Postschiffers Rickert Rickerts. Diese Heirat war wohl standsgemäß, denn Rickert Rickerts gehörte nicht zu den wohlhabenden und angesehen Sylter Kapitänen. In diesen Kreisen heiratete man seinesgleichen. Die Heirat mit einem Kapitän verhieß zwar Wohlstand, aber die Verluste an Menschenleben in der Seefahrt waren damals höher als während des Ersten Weltkriegs. Verlor ein Seemann in jungen Jahren sein Leben, bevor er ein kleines Vermögen angespart hatte, dann bedeutete dies für seine Wittwe und seine Kinder nicht selten ein Leben in bitterer Armut. Dieses Schicksal traf im Jahr 1744 viele Familien vor allem aus Morsum und Archsum, als das Schmackschiff des Morsumer Schiffers Theide Bohn vor Sylt kenterte und 84 Menschen ertranken. Nur acht konnten sich mit dem Beiboot an den Strand bei Wenningstedt retten. Die großen Verluste unter den jungen Männern führten zu einem Frauenüberschuss auf Sylt, so dass viele unverheiratet blieben. Zugereiste wie Johann Caspar Schultz fanden daher meist schnell eine Frau. Wie das Geburtsdatum des ersten Kindes zeigt, war Christen Rickerts zum Zeitpunkt der Heirat bereits hochschwanger. Der Heirat wurde wohl durch eine Schwangerschaft nachgeholfen, was zwar schändlich war, wenn es nicht zur Heirat kam, aber trotzdem nicht selten vorkam.

Hauskauf

Kurz nach der Hochzeit kaufte Johann Caspar Schultz das kleine Haus Nr. 90 in Keitum. Das Haus trägt die Jahreszahl 1721. Wer der Vorbesitzer war ist nicht bekannt. Das Haus steht noch heute und wird als Ferienhaus genutzt. Später kaufte er ein weiters Haus in Keitum. Dies befand sich dort, wo heute das ehemalige Postamt steht.

Kindersterblichkeit

Der erste Sohn Detlef wurde am 9. Januar 1743 geboren, starb aber bereits drei Tage später. Christen Schultz gebar zwischen 1743 und 1755 insgesamt 11 Kinder. Am 13. September 1755 starb sie bei der Geburt von Drillingen. Eines der Kinder starb bei der schweren Geburt. Auch die beiden überlebenden Kinder Christen und Erkel starben bereits vor Erreichen des dritten Lebensjahres. 1757 heiratete Johann Caspar Schultz die jüngere Schwester seiner ersten Frau Ai Rickerts. Sie schenkte zwischen 1757 und 1770 sieben Kindern das Leben. Kinderreichtum war damals durchaus üblich, trotzdem war die Kinderzahl der Familie Schultz auch für die damalige Zeit auf Sylt eher selten. 1760 starb der Sohn Peter Jacob sechs Wochen nach der Geburt und 1772 starb die jüngste Tochter Töel im Alter von knapp zwei Jahren. Die Kindersterblichkeit war damals außerordentlich hoch, so dass es eher verwundert, dass von den 17 Kindern immerhin 12 das Erwachsenenalter erreichten. Insbesondere in den Siebzigerjahren des 18. Jahrhunderts starben in den Wintermonaten im Kirchspiel Keitum viele Kinder. In den Kirchenbüchern findet man aber kaum Hinweise auf die Gründe. Kindersterblichkeit war damals so normal, dass es wohl keiner weiteren Bemerkungen bedurfte. Viele Kinder starben damals an Kinderkrankheiten wie Masern und Scharlach oder an Diphterie. Auch die Zahl der Frauen, die am Kindbettfieber starben, war damals sehr hoch.

Die Söhne

Alle fünf Söhne von Johann Caspar Schultz, Detlef (geb. 1745), Richert (geb. 1749), Peter (geb. 1751), Peter Hinrich (geb. 1761) und Peter Jacobs (geb. 1763) fuhren zur See, wie es für Sylter Männer damals üblich war. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts fuhr die Mehrzahl der Sylter Seeleute aber nicht mehr in den Sommermonaten zum Walfang in die arktischen Gewässer um Spitzbergen, sondern auf Handelsschiffen nach Westindien, in die Ostsee, das Mittelmeer und einige auch nach Ostindien. Die Fahrt ins Eismeer war gefährlich und die Grönlandwale waren bereits stark dezimiert. Der Erfolg der Fangreisen wurde daher immer unsicherer. Soweit bekannt, fuhren auch alle Söhne der Familien Schultz auf Handelsschiffen. Dies bedeutete aber, dass die Seeleute nicht mehr nur vom Frühjahr bis zum Herbst auf See waren, sondern meistens für mehrere Jahre ihre Heimat nicht sahen. Vier der Schultz – Brüder hatten aber das gleiche Schicksal wie viele andere Sylter Seeleute, sie starben bereits in jungen Jahren. In der Sylter Chronik des Archsumer Kapitäns Peter Jens Clementz finden sich Hinweise auf das Schicksal der beiden ältesten Brüder:

1773
den 4ten December ging die traurige Nachricht ein, daß Steuermann Detlef Johann Casper aus Keitum, Erkel Jensen aus Morsum und Heick Nissen Sohn aus Westerland für etwa 7 Wochen mit ein Hamburgischen Schiff zu Waterford gewesen, und daselbst mit dem Schiffsboot umgesegelt und ertrunken wären.
(Waterford ist eine Hafenstadt in Irland)

Im Sterberegister von Westerland findet man den Eintrag für Nis Heike Nissen. Danach ereignete sich das Unglück am 21. Oktober 1773.

1774
den 2ten Februarii gingen mit der Post die traurigen Nachrichten ein ...
daß Rickert Johann Casper aus Keitum im letzten Sommer zu Surinam gestorben.

Aus anderen Berichten weis man, dass etliche Sylter Seeleute in der Karibik an Tropenkrankheiten wie Gelbfieber starben.

In der Chronik der Keitumer Stavenbesitzen von Dr. Voss ist zu lesen, dass Peter Schultz im Jahr 1784 gestorben ist. Dabei findet sich der Hinweis “als Kapitän zu Guernsey (Argentinien)”, leider ohne Quellenangabe. Vielleicht ist dies so zu deuten, dass er bei einem Schiffsunglück vor der Kanalinsel Guernsey auf der Reise von oder nach Argentinien ums Leben kam.

Der jüngste Bruder Peter Jacobs Schultz lebte beim Tod seines Vaters 1785 noch, war aber beim Tod seiner Mutter 1813 bereits gestorben. Über sein Schicksal ist nichts weiter bekannt.

Kapitän Peter Hinrich Schultz (in den Kirchenbüchern findet sich meist die friesische Namensform Peter Haulcke) heiratete 1791 Karen Haulck Jensen aus Archsum. Die Ehe blieb kinderlos. 1803 lebten aber die beiden Töchter seiner verstorbenen jüngeren Schwester Anna Maria bei ihm im Hause in Archsum. Seine Frau Karen starb im Jahr 1808. Ein Jahr später heiratete er Töl Erken aus Keitum. Auch diese Ehe blieb kinderlos. Peter Hinrich Schultz starb 1812. Sein Grabstein befindet sich noch auf dem Keitumer Friedhof. Der Name Peter Hinrich Schultz erscheint 1813 wieder im Keitumer Kirchenbuch. Seine bei ihm aufgewachsene Nichte Anna Pauls nennt ihren Sohn nach ihm Peter Hinrich Schultz Lorenzen. Auch er fährt später zur See, kommt aber in jungen Jahren ums Leben. Er stirbt 1844 bei einem Unglück als Steuermann des Dampfschiffs “Manchester” vor der Elbe.

Anfang des 19. Jahrhunderts begann der Niedergang der Sylter Seefahrt. Durch die britische Kontinentalsperre gegen Napoleon kam der Seehandel zum Erliegen und für Sylter Seeleute gab es keine Arbeit. Viele Sylter wurden in den Dienst der französischen Kriegsflotte gepresst oder gerieten in britische Gefangenschaft.

Die Töchter

Mit einer Ausnahme heirateten die Töchter von Johann Caspar Schultz Männer vom Festland.

Merrith (geb. 1743) heiratete 1779 den Schneider Nicolay Cornelissen aus Poppenbüll bei Husum. Sie lebten in Keitum.

Anna (geb. 1747) blieb unverheiratet. Sie war viele Jahre als Dienstmagd bei Sven Theyde Boysen in Morsum in Stellung.

Maricke (geb. 1749) heiratete 1776 den Gastwirt Lorenz Matthiesen aus Hostrup. Sie lebten in Keitum.

Töel (geb. 1753) heiratete 1780 den Schuster Johann Peter Settegast aus Oderberg. Sie lebten in Keitum.

Erkel (geb. 1757) heiratete 1787 den Zimmermann Niels Jepsen aus Skanderup. Sie lebten in Keitum.

Christen (geb. 1759) heiratete 1788 den Seefahrenden Bleick Mochel Jacobs aus Keitum.

Anna Maria (geb. 1767) heiratete 1792 den Müllerknecht Paul Olufsen aus Fardrup. Im Jahr 1803 lebten beide nicht mehr. Ihre beiden minderjährigen Töchter wuchsen bei ihrem Bruder, dem Kapitän Peter Hinrich Schultz in Archum auf.

 

1824 stirbt Christen Bleick Mochels, die letzte noch lebende Tochter von Johann Caspar Schultz. Soweit bekannt ist, hatte keiner seiner Söhne Nachkommen. Seine Töchter aber hatten viele Kinder, von deren Nachfahren heute noch etliche auf Sylt leben dürften.
 

Die Familie Schulz in der Familiendatenbank Sylt

 

Als vor 250 Jahren die Familie des Schneiders Johann Caspar Schultz in Keitum lebte, stand die Kirche St. Severin bereits mehr als ein halbes Jahrtausend.

In diesem Haus in Keitum lebte im 18. Jahrhundert die Familie des Schneiders Johann Caspar Schultz

Der Grabstein von Peter Hinrich Schulz, ein Sohn von Johann Caspar Schulz befindet sich noch heute auf dem Keitumer Friedhof.

Dieses Haus gehörte damals dem Schuster Johann Settegast. Er war mit Töel, Tochter von Johann Caspar Schultz verheiratet.

In diesem Haus lebten die Eheleute Christen und Bleick Mochel Jacobs.